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Gesprächsrunde in Torgau: Schlimmer als Knast. Jugendwerkhöfe in der DDR

Gestern luden Geralf Pochop, Alexander Müller sowie die Partnerschaft für Demokratie in Nordsachsen in der wintergrüne Torgau zum Zeitzeugengespräch ein. Im voll besetzten Raum gab es mit einer dreizigminütigen Dokumentation des MDR einen kurzen Einstieg in das Thema:

Schlimmer als Knast. Jugendwerkhöfe in der DDR.

Sichtlich bewegt kamen wir danach ins Gespräch über Unrecht, Gewalt, "Jugendhilfe," Bestrafung, Täter, tagelange Isolation und vieles mehr. Alexander Müller, selbst zwei Mal Insasse im Jugendwerkhof Torgau, oder besser Jugendknast, teilte mit uns seine Geschichte: wie er seiner Mutter weggenommen wurde, eine Odyssee durch mehrere Kinderheime und mehrere Jugendwerkhöfe erlebte, mit all der Gewalt und Ungerechtigkeit, Hilflosigkeit und Informationslosigkeit über seine Familie. Es wurde viel über Mitläufer, Täter, Opfer und Mitläufer und Opfer die selbst zu Tätern wurden gesprochen. 

Im Jugendwergkhof Torgau wurden über 4000 Jugendliche gefangen gehalten und gequält. Ca. 120.000 Kinder und Jugendliche waren in der DDR in Kinderheimen, Durchgangsheimen oder Jugendwerkhöfen eingesperrt. Das war für die meisten Besucher: innen neu und auch schockierend.

Durch die Fragen des Publikums bekamen wir einen sehr großen Einblick in sein Leben und die Mißstände in der DDR Jugendhilfe.

Wir haben uns gefreut, dass Alexander Müller über seine Erlebnisse im Jugendwerkhof redete, denn wie wir erfuhren, gibt es nur eine Handvoll ehemaliger Insassen, die den Mut und die Kraft haben, ihre Erinnerungen öffentlich zu teilen.

Als Fazit gab er uns mit auf den Weg, wachsam und achtsam zu bleiben. Menschen, die anderen Gewalt antun, die ihre Meinung als die einzig Richtige verstehen und widerstandlos Befehle und Anordnungen ausführen, gab es, gibt es und wird es immer und überall geben. Wir sollen aufpassen,  dass diese Menschen niemals in Positionen gelangen, die viel Einfluss haben und somit ermöglichen, ihre Macht willkürlich auszuüben.

 

Anmerkung

Vielen Dank an Julie, unsere Schülerpraktikantin, die gestern Abend an der Gesprächsrunde teilnahm und deren Feder dieser Artikel entsprungen ist. Sie fand es sehr interessant und bewegend.