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Nachdenklich...

In einem Gespräch vor ein paar Tagen, erinnerte sich eine gut 90-Jährige an ihre Kindertage. Sie war ca. 7 Jahre alt und an ihrem Dorf, in dem sie mit der Mutter lebte, fuhr ein Konvoi vorbei, begleitet von Personen, die laut die Bevölkerung warnten. Sie riefen, dass hier sehr böse und gefährliche Menschen transportiert werden, sie kommen in Lager, in denen sie gerechte Strafen erhalten. Ihre Mutter glaubte ihnen und brachte sie beide weg von der Strasse. Sie sahen aus sicherer Entfernung zu, waren neugierig und ängstlich zugleich.

Heute erinnert sich diese Frau daran, was sie fühlte, als sie die Menschen ansah. Sie sagte, sie konnte in ihrem Herzen nicht glauben, dass sie böse und gefährlich waren. Sie sahen leidend aus, abgemagert und traurig, erinnert sie sich. Es passte nicht zueinander. Ihre Augen trafen sich und sie fühlte, dass an dem was sie gehört hat, was ihnen seit Tagen und wohl auch Wochen als Realität geschildert wurde, nicht alles stimmen kann.

 

So kamen wir auf das Thema Propaganda. Sie sagte mit fester Stimme, dass sie Parallelen fühlt, zwischen damals und heute. Sie ist besorgt. Damals schenkten der Propaganda des Dritten Reichs viele Glauben, sie erkannten spät, dass sie belogen wurden. Was, wenn es heute wieder so ist? Für sich selbst hat sie entschieden, alles was sie hört, mit Distanz aufzunehmen und so gut es ihr möglich ist, mit verschiedenen Menschen zu sprechen, über die Themen die sie hört und bewegen.

 

Es war ein sehr aufwühlendes und nachdenklich machendes Gespräch. Ich habe Hochachtung vor der Selbstreflektion und auch der Reflektion über das Handeln ihrer Mutter. Es beeindruckt mich, wie sie Wege für sich findet, in der überwältigenden Medienwelt von heute. Es stimmt mich nachdenklich, dass sie mir mit auf dem Weg gibt, Propaganda und die einhergehende Manipulation der Gedanken nicht zu unterschätzen, sie zu erkennen und sich dagegen zu stellen.

 

"Propaganda will nicht mit konkurrierenden Botschaften in einen Diskurs um die beste Lösung eingehen, sondern den Menschen ihre Handlungsprogramme aufzwingen“ (Bussemer 2008, S. 34)."

Vielleicht ist das ein Ansatz.